#26 ECUADOR - OTAVALO

28. FEBRUAR 2014

 

Otavalo, eine florierende Stadt mitten in den Anden auf 2550m, umgeben von Lagunen und Vulkanen. Eine verkaufstüchtige Köchin füllt uns für unschlagbare 1,75$ pro Kopf auf dem Plaza de Ponchos die Mägen, bevor wir uns mit Mattl und Markus in ein Dreierzimmer verkriechen...

Am nächsten Tag findet der berühmte, riesige Markt von Otavalo statt, den es schon zu Präinkazeiten gab und der als der größte Kunsthandwerkermarkt von Südamerika gilt. Stolze indígenas in traditioneller Tracht verhökern ihre Kunsthandwerksprodukte an Horden von Fremden...

Ami in traditioneller Tracht :-)

Die otavaleños tragen lange, einfache Zöpfe, weiße, wadenlange Hosen, Schnürsandalen, graue oder blaue Wendeponchos und dunkle Filzhüte. Selbst die Jugend hat kaum kurz geschnittenes Haar! Die Frauen schmücken sich mit eindrucksvoll bestickten Blusen, langen, schwarzen Röcken, Riemensandalen, Schultertüchern und raffiniert gefalteten Kopfbedeckungen.

Die kompletten Straßen sind voll, Stand an Stand, Indianderschmuck neben Hängematten und Kleinkunst wie Instrumente, Ketten aus Aligatorenzähnen, Textilien und und und...zudem gibt's diese Woche noch anlässlich des Karnevals jede Menge bunter 'Rasierschaumspritzen', mit denen sich das gesamte Jungvolk bewaffnet :-)

Gedränge und Geschiebe, Zeit für almuerzo in privater Wohnstube im Hinterhof;

Am Abend begutachten wir unsere Eroberungen: drei Pullis, eine Hand voll Schmuck und ein Hut, eigentlich schon zu viel um mit auf Reisen zu kommen, deshalb bleibt Bastis abgetragener Lieblingspulli bei einem otavaleño :-)

Markus und Basti stoßen noch auf ihre Errungenschaften an in einer örtlichen Karaokebar, wo Don Jackson und Anhang sturzbesoffen versuchen den Tönen der Karaokemaschine und der laufenden, indigenen Akkordeonmusik in Halbtonabständen hinterherzusingen. Ein Bier geht hier, dann wird's zuviel des Guten, die Ohren bluten :-)

Tagsdrauf flattern uns Adler, Eulen, Falken und - Andenkondore! - um die Ohren im Parque Cóndor, hoch über Otavalo am steilen Hang von Pucara. Ein (nicht fliegender) Holländer gibt kostenlose Flugvorführungen und verbreitet sein Wissen unter dem Volk.

Es scheint hier gute Thermik für Vögel zu geben, ein Adler schießt in Sekunden aus 500 Metern runter und landet exakt auf dem Arm des Falkners. Beeindruckend! Wenn Basti jetzt nur einen Schirm hätte... ;-)

A piéd wandern wir über die Felder zurück nach Otavalo, durch staubige, indigene Dörfer, mit Blick auf die Laguna San Pablo. Eine indigene Hochzeitsgesellschaft zieht aus der Kirche heraus an uns vorbei, begleitet von einer Andenmusikkapelle, im besonderen Licht der endlosen Andenlandschaft...

Zum Andenvolk gehören jedoch auch die berüchtigten, traditionellen und blutrünstigen Hahnenkämpfe im Ring am Südwestende. Für 1$ wollen wir uns selbst ein Bild davon machen... Alle europäischen und vor allem deutschen Tierschützer jetzt mal schnell ganz die Augen zu! Es geht rein in die kleine Halle mit runder Arena, inmitten etwa 70 gut gelaunter, wettlustiger und bis jetzt nur leicht angeheiterter Männer. Milli fühlt sich als Frau manchmal etwas unwohl...

Das Bier fließt in Strömen und Härteres wird in ausgedienten Colaflaschen durch die Reihen gereicht. Entsprechend hitziger wird auch die Stimmung...

Immer zwei Hähne treten gegeneinader an. Es handelt sich um speziell gezüchtete Kampfhähne die aggressiver und stärker sind als ihre Artgenossen. Sie können den Händler je nach Stärke und Anzahl gewonnener Kämpfe bis zu 1000 Dollar kosten. In monatelangen Kraft- und Gleichgewichtstrainings mit einem Seil werden die Hähne auf ihren vielleicht letzten Kampf vorbereitet. Sitznachbar und Kampfhahnbesitzer Nando klärt uns auf..

Vor dem Kampf bekommen die Hähne die oberste Kralle samt Knochen mit einem Seidenschneider abgeknippst. Ein speziell aufgetragenes Wachs verhindert das Weiterbluten. Eine passende Hülse mit einem langen, spitzen Stachel wird auf den Knochenstumpf gesteckt, dazwischen wieder spezielles Wachs, um das Verrutschen zu verhindern. Das Ganze wird mit Klebeband umwickelt und zum Schluss mit Salzwasser bestrichen, um dem gegnerischen Hahn mit Salz in den Wunden noch aggressiver zu machen.

Jetzt kann gewettet werden! Vor dem ersten Gong schreit jeder seinen Einsatz und den Namen seines Kandidaten in die Menge, um so einen dagegen wettenden Wettpartner mit gleichem Betrag und Name des Kampfgegners zu finden. Je später der Abend, desto wettlustiger die Männer - man kann ja nicht immer gewinnen...aber unsere Südtiroler verfolgt im Schnitt das Glück :-)

Man kann sich kaum vorstellen, wie die Hähne aufeinander fixiert sind. Wie zwei Magnete schießen sie aufeinander zu und versuchen sich beim hochspringen die Krallen in den Kopf zu schlagen. Die zusätzlich verlängerte "Kralle" verschlimmert natürlich jeden Hieb enorm und der Gegner kommt schnell ins Wanken wegen des großen Blutverlusts.

Abgezählt wird wie beim Boxen: einmal am Boden für länger als 3 Sekunden und der Verlierer dieser Runde steht fest. Runden dauern 10 Minuten, sind aber fast immer schon schneller vorbei. Oft fällt einer der Hähne einfach tot um und ein anderer springt ein. Wenn er aber nur "halbtot" ist wird draußen vor den WC's mit Halsaufschlitzen nachgeholfen.

So geht es den ganzen Abend. Wir schauen zu, verstehen aber die Begeisterung dahinter kaum. Einfach unglaublich, wie sich manche in dieses Szenario hineinsteigern können. Als es zu Problemen kommt bei der Auszahlung einer verlorenen Wette zwischen zwei Männern, wird der nicht Zahlende auf der Straße 'zur Rede gestellt'. Fast das gesamte Publikum stürmt durch den kleinen Eingang hinterher und eine Massenschlägerei scheint im Anmarsch. Die Polizei in erster Reihe - verhält sich jedoch wie jeder andere. Ein schlaues Köpfchen schlägt vor, dass die beiden das doch unter sich klären sollen. Die Männermanschaften pflichten ihm mit großen, würdigenden Augen bei und widmen sich dann schnell wieder dem Geschehen in der Arena. Mit vielen Eindrücken machen wir uns heimlich vom Acker...

...genug der Berge, der Amazonas ruft! Und so steigen wir in den 5er eines Busses nach Quito, wo sich am Folgetag unsere Wege für's Erste trennen - Markus und Mattl bleiben zum Sightseeing in Quito, für uns ist 'Dschungelcamp' angesagt :-)

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